FTD: Summer Festival

Mit Summer Festival erschien Anfang Oktober eine weitere CD mit einem Soundboard-Mittschnitt auf dem FTD Label. Ernst Jørgensen & Co. haben es sich laut eigener Verlautbarung auf die Fahnen geschrieben, nach und nach alle Las Vegas und Lake Tahoe Engagements sowie sämtliche Konzerttourneen (sofern irgend möglich) mit mindestens ja einer entsprechenden Veröffentlichung abzudecken. Die CD SUMMER FESTIVAL repräsentiert die Vegas-Konzertreihe vom August/September 1972, das sogenannte „Elvis Summer Festival 1972“.
Die Konzertreihe selbst stand, was die Person Elvis Presleys anging, nicht gerade unter einem guten Stern. Seit Ende Juli wussten es auch die Presse, die Fans und die Öffentlichkeit: Elvis Presley und seine Frau Priscilla haben sich getrennt. Priscilla war jetzt mit ihrem Karatelehrer Mike Stone zusammen. Elvis hingegen bereitete sich gerade mit Proben im RCA Studio C in Los Angeles (27. & 28.7.72) auf Vegas vor und setzte die Vorbereitungen am 31.7. im Las Vegas Hilton mit weiteren Rehearsals fort.
Am 4. August startet Elvis um acht Uhr abends Ortszeit die neue Vegas-Season unter den Augen seiner neuen Freundin Linda Thompson, die für eine Woche bei ihm in Vegas blieb und später, nachdem Elvis auch für einige Tage in Begleitung von Cybill Shepherd und der Tänzerin Sandra Zancan gesehen wurde, wieder nach Vegas und zu Elvis zurück kehrte. Elvis hatte einige neue Songs im Programm, darunter What Now My Love und My Way, zeigte sich engagiert und wurde von der Presse gelobt, während Fans es bedauerten, dass er kaum herum alberte zwischen den Songs und weniger gelöst wirkte als noch bei dem vorhergehendem Engagement zu Beginn des Jahres.

Diese Gastspielreihe, welche aus insgesamt 64 Shows bestand, findet nun auch erstmals von offizieller Seite (FTD) in akustischer Form ihre Dokumentation auf SUMMER FESTIVAL. Bekanntlich gab es schon auf diversen Import-CDs ein paar Soundboard-Mittschnitte und eine Reihe von Audience Recordings vom August/September 1972. Wenn wir die aus dem Publikum aufgenommenen Shows mal außer Acht lassen, gab es bisher in guter Qualität die Midnight Show vom 11. August 1972 auf der Import CD AT FULL BLAST, die Dinner Show vom 4. September 1972 auf I’LL REMEMBER YOU (auf dem Cover bekanntermaßen falsch datiert als 15.08.72 M/S) und jene Show, die unter dem Titel BLAZING INTO THE DARKNESS veröffentlicht wurde und lange Zeit als Dinner Show vom 11. August 1972 galt. Erst die aktuelle FTD-Veröffentlichung brachte nun ans Licht, dass auch hier ein kleiner Datierungsfehler vorliegen muss. Bereits im Vorfeld der aktuellen Veröffentlichung wurde von FTD klargestellt, dass SUMMER FESTIVAL die „echte“ Dinner Show vom 11. August 1972 beinhalten würde, aber nicht mit BLAZING INTO THE DARKNESS identisch ist. Demnach musste letztere falsch datiert sein. Ein Vergleich mit einem qualitativ schlechten Publikumsmitschnitt, den der ambitionierte (und hörgeschädigte) Konzert-Sammler schon lange auf CDR (Elvis - The Concert Years Vol. 99) vorliegen hat und welcher tatsächlich als 12.8.72 D/S datiert ist, ergab: BLAZING INTO THE DARKNESS ist identisch zu eben diesem Publikumsmitschnitt. Zusammen mit Jørgensens Hinweis in Bezug auf die neue FTD-CD ist kaum noch zu leugnen, dass die andere Show erst 24 Stunden später stattfand als bisher angenommen. Ergo: BLAZING INTO THE DARKNESS ist die D/S vom 12.08.72 und mit der Datierung der neuen SUMMER FESTIVAL ist alles zum Besten.

Nun gab es bereits Stimmen, welche äußerten, dass die auf SUMMER FESTIVAL enthaltene Performance vom 11.8.72 editiert worden sein müsse und mindestens ein bis zwei Songs (z.B. Proud Mary) fehlen bzw. heraus geschnitten wurden. Ich teile diese Meinung nicht. Tatsächlich hatte Elvis Proud Mary gerade während der ersten Hälfte seines Sommer 1972 Vegas-Engagements regelmäßig im Programm. Während der Opening Show am 4.8.72 verzichtete er noch auf den Klassiker von Credence-Clearwater-Revival-Frontmann John Fogerty und startete im Eröffnungsblock mit See See Rider - A Big Hunk 'O Love - Never Been To Spain. Von den dem Sammler vorliegenden sieben Mitschnitten zwischen dem 5. und 9. August '72 (insgesamt zehn Shows) starten dann tatsächlich alle mit See See Rider und Proud Mary.
In der Midnight Show vom 10. August drängelt sich das erste Mal auch I Got A Woman dazwischen, wurde also von Elvis und der Band nach See See Rider gespielt. Auch im Falle der M/S vom Folgetag (veröffentlicht auf AT FULL BLAST, 11.8.72 M/S) finden wir genau diese (neue) Reihenfolge. Während der nächsten Dinner Show (12.8.) fehlt I Got A Woman schon wieder, ist in der Mitternachtsvorstellung vom Folgetag aber wieder mit dabei.

All diesen Konzerten ist aber (bis eben auf die Eröffnungsshow) gemein, dass Mister Presley Proud Mary singt. Mit der Dinner Show vom 16.8.72 ändert sich der Eröffnungsblock ein weiteres Mal (möglicherweise auch schon eher, aber das ist nicht anhand von Aufnahmen dokumentiert) und ab jenem Zeitpunkt hieß die Songabfolge See See Rider - Johnny B. Goode - Proud Mary, bis dann bereits am Folgetag (D/S vom 17.8.72) zum ersten Mal keine Proud Mary mehr im Programm auftaucht und fortan nur auch noch sporadisch gespielt wird und ab Ende August (möglicherweise) ganz aus dem Programm verschwand. Eventuell spielte Elvis den Song während dieses Engagements in der Dinner Show vom 25.8.72 zum letzten Mal. (Definitives lässt sich nicht sagen, da es (derzeit) eben nicht alle Shows als Audiomitschnitte gibt.)

Wie man anhand der obigen Ausführung erkennen kann, änderte Elvis von Fall zu Fall tatsächlich das Programm und ließ auch mal Songs aus, die zu dieser Zeit beinahe regelmäßig in seinen Shows auftauchten. Es erscheint mir wenig wahrscheinlich, dass uns bei der Veröffentlichung der Dinnershow vom 11.8.72 auf der SUMMER FESTIVAL etwas vorenthalten wurde und es ist eher davon auszugehen, dass Proud Mary wirklich fehlt. Schaut man sich die Tracklists vor allem der Shows vom 4. bis 10. August '72 einmal genau an, so stellt man schnell fest, dass zwei flotte Songs (meistens See See Rider und Proud Mary) die Eröffnung bildeten und dann bereits eine ruhigere Nummer folgte. Elvis wich zwar in diversen Shows ab der M/S vom 11.8.72 davon ab und hatte dann oft sogar drei "Rocker" im Eröffnungsblock, um erst ab Ende August zum ursprünglichen Schema zurück zu kehren, aber genau dieser 11.8.72 fällt wohl noch in seine „Experimentierphase“. Die gesamte Setlist dieser Show ist somit mehr als nur sehr ähnlich zu der von BLAZING INTO THE DARKNESS (12.8.72 d/s) aufgebaut. Allerdings gibt es dort kein I Got A Woman und Elvis singt stattdessen Proud Mary.

Hier auf der SUMMER FESTIVAL startet Elvis also wie gewöhnlich mit See See Rider. I Got A Woman schließt sich an und Elvis wirkt irgendwie noch nicht richtig wach, singt sehr verhalten und wenig druckvoll. Ein fast typischer Anfang für eine Dinnershow. Bereits der Vortrag während der Midnight Show ein paar Stunden später ist energischer. Dort packt er dann auch wieder Amen aus und baut es in den Song mit ein. Der aktuellen Performance ist es aber auch nicht abträglich, dass Elvis die Spielereien mit dem Medley einmal außen vor lässt. Vielleicht hätte er sich dazu öfter mal entschließen sollen. Die Müdigkeit schwindet langsam und Elvis, der im Laufe der Show – wohl eher spaßeshalber – erwähnt, dass er erst um 7 Uhr 30 (abends) aufgestanden ist, singt sich langsam warm. Er erinnert in diesen Dinner Shows oftmals an einen Sportler, der sich vor dem Wettkampf erst mit Aufwärmübungen in Wettkampfform bringen muss ... nur eben, dass Elvis der notorische Spätaufsteher diese Form häufig genug erst im Verlaufe des Showabends findet. Mit dem sich anschließenden Until It’s Time For You To Go hat er jedenfalls keine übermäßig anstrengende, wenn auch sehr schöne „Übung“ gewählt. Mit You Don’t Have To Say You Love Me und You’ve Lost That Lovin’ Feelin’ schließen sich zwei weitere Love Songs an, die ihm allerdings schon mehr abverlangen. Mit Polk Salad Annie folgt dann ein echter Kracher und Elvis gönnt sich im Anschluss eine gute Minute um zum Verschnaufen, begrüßt das Publikum und hält mit diesem den ein oder anderen Smalltalk.
Dann geht’s weiter mit What Now My Love, welches mit seiner Show ALOHA FROM HAWAII vom Januar 1973 jedem Elvis-Fan zum Begriff geworden ist, aber welches zu diesem Zeitpunkt, im Sommer 1972, brandneu im Programm auftauchte. Elvis phrasiert hier noch anders und hat an ein, zwei Stellen noch Textunsicherheiten. Auch den Einsatz verpasst er zu Beginn des Liedes einmal und produziert einen Fehlstart, den er mit den Worten „that’s one of the worst intros I’ve ever heard – das ist eines der schlechtesten Intos, die ich je hörte“ kommentiert. Natürlich ist das nicht ganz ernst gemeint.
Mit Fever folgt ein weiterer Song, den Elvis brandneu im Live-Programm hat, den er allerdings schon 1960 im Studio aufnahm. Wie auch in eigentlich fast allen späteren Performances fehlt im aktuellen Vortrag die „Everybody’s got the fever / that is something you all know ...“ – Strophe. Lediglich in der sogenannten „Alternate Aloha Show“ vom 12.1.73 singt Elvis sie einmal live. In der aktuellen Show fehlt aber auch jener Part mit „Captain Smith und Pocahontas“ und damit fällt Fever auch hier mit 2 Minuten 44 wieder signifikant kürzer aus als die Studioaufnahme (3:31).

Der obligatorische Oldieblock mit Love Me, Blue Suede Shoes, One Night, All Shook Up, Teddy Bear / Don’t Be Cruel, Heartbreak Hotel, Hound Dog und Love Me Tender schließt sich an. Während Love Me und Love Me Tender verteilt Elvis Schals und Küsse und bei den schnelleren Nummern rockt er sich ordentlich durchs Programm.
Auch das folgende Suspicious Minds gehört zu dieser Zeit definitiv zum Standardprogramm und Elvis liefert es gewohnt rockig ab. Die Vorstellung der Band und der weiteren Begleitmusiker verläuft kurz und Elvis setzt mit My Way (ebenfalls neu im Programm) und An American Trilogy fort und liefert mit beiden eine sehr gute Vorstellung ab. Cant’ Help Falling In Love schließt wie gehabt die Show ab. Der kurze Schlussblock nach den Introductions ist ein recht typisches Merkmal für Elvis’ Dinner Shows jener Tage, denn während der Midnight Shows baute Elvis fast immer wenigstens noch A Big Hunk O’ Love ein, bevor er die Show ganz ausklingen ließ.
Weil mit gut 56 Minuten, die diese Elvis Show dauert, die CD ein wenig kurz ausgefallen wäre, entschloss man sich bei FTD ein paar Bonussongs dazu zu packen. Diese sind sehr passend ausgewählt, denn sie ergänzen die CD fast exakt um genau jene Lieder, die mehr oder weniger zum Standardprogramm dieser Tage gehörten, aber eben nicht in wirklich jeder Show gespielt wurden. Zumindest in der aktuellen fehlten sie und damit sind die beiden bereits auf Import CD (AT FULL BLAST, 11.8.72 M/S) veröffentlichten Tracks Little Sister / Get Back und It’s Over und die bis dato unveröffentlichten Aufnahmen von Proud Mary, Never Been To Spain, For The Good Times, A Big Hunk O’ Love und das leider viel zu kurze und nach wenigen Sekunden ausgeblendete (sehr wahrscheinlich endet auch die zur Verfügung stehende Aufnahme sehr abrupt) Tiger Man aus der Mitternachtsvorstellung vom 12. August 1972 eine willkommene Ergänzung.

Diese CD deckt mit dem „Elvis Summer Festival 1972“ in Las Vegas nun eine weitere Phase von Elvis’ Live-Schaffen ab. Die Zusammenstellung ist gelungen und präsentiert einen hervorragenden Querschnitt über das von Elvis in jenem Sommer dargebotene Songrepertoire. Der Sound ist leider ziemlich flach und damit bleibt ein wenig auch die Kraft und Energie der Show verloren. Die wenigen Tonschwankungen und ein paar Fehler speziell bei Can’t Help Falling In Love und beim Closing Vamp sind vernachlässigbar.
Elvis liefert eine sehr gute Performance ab und wirkt hochkonzentriert, wenn er seine Songs präsentiert. Wer bei Veröffentlichungen w.z.B. THE IMPOSSIBLE DREAM (Januar 1971) oder CLOSING NIGHT (September 1973) darüber klagte, dass Elvis zu wenig Songs seriös zu Ende brachte und die Performance durch zu viele Späße manchmal fast ruinierte, wird mit dieser Veröffentlichung erst recht auf seine Kosten kommen.

Zusatzinfos:

Title: Summer Festival
Performance: Las Vegas, Nevada (Hilton Hotel) August 11th, 1972 D/S, plus Bonus Songs
Runtime: 73:15
Recorded: Soundboard
Release: October 1st 2005

Tracklisting:
Also sprach Zarathustra - See See Rider - I Got A Woman – Until It’s Time For You To Go - You Don't Have To Say You Love Me - You've Lost That Lovin’ Feelin’ - Polk Salad Annie - What Now My Love – Fever - Love Me - Blue Suede Shoes - One Night - All Shook Up - Teddy Bear/Don't Be Cruel - Heartbreak Hotel - Hound Dog - Love Me Tender - Suspicious Minds - Band introductions - My Way - American Trilogy - Can't Help Falling In Love – Closing Vamp

Bonus songs:
Little Sister / Get Back (8-11-72 M/S) [Elvis At Full Blast!]
It's Over (8-11-72 M/S) [Elvis At Full Blast!]
Proud Mary (8-12-72 M/S)
Never Been To Spain (8-12-72 M/S)
For The Good Times (8-12-72 M/S)
A Big Hunk O' Love (8-12-72 M/S)
Tiger Man (opening only) (8-12-72 M/S)

.....wow eine S U P E R tolle arbeit Tanni !! ...ich ziehe ehrfürchtig den hut vor dir !!!!

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Danke Herbi!

Du trägst einen Hut?

Ich ziehe meine auch

Ja ich auch, dank solcher Reviews muss ich mich immer beherrschen um nicht sofort jede CD oder sonstiges zu kaufen

...nö, nicht mal ne mütze !!

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