Zitat:
Der 14. Januar 1973 ging in die Musik- und Fernsehgeschichte ein. An jenem Tag tritt in der Honolulu International Center Arena Elvis Presley auf. Kameras filmen den Auftritt des King Of Rock'n'Roll. Via Satellit wird das Konzert in alle Welt übertragen. Insgesamt 1,3 Milliarden Menschen sitzen weltweit vor den Fernsehgeräten, mehr als doppelt so viele wie bei der Mondlandung vier Jahre zuvor. Die DVD "Elvis, Aloha From Hawaii" hält das Ereignis in Bild und Ton fest.
![](http://magazine.web.de/images/078/2909078,h=238,pd=2,w=179.jpg)
Es ist eigenwilliges Zeitdokument, dieses Konzert der Superlative. Trotz der beispiellosen Stellung, die dieser Auftritt bis heute einnimmt und dem ganzen Glamour, mit dem Elvis hier in Szene gesetzt wird, ist "Aloha From Hawaii" von einem melancholischen Grundton getragen, der das tragische Ende des Kings bereits erahnen lässt. Es ist kein großer Auftritt, den die Fernsehkameras hier einfingen, so viel ist schnell klar.
Lustlos agiert Elvis von Beginn an auf der Bühne. Nur mit Mühe findet er in die Songs. Die Jahre, in denen das Feuer des Rock'n'Roll in ihm gebrannt hat, sind längst vorbei. Rock'n'Roll ist in der International Center Arena auch nicht gefragt. Hier wird der Mythos des King vermarktet, die lebende Legende Elvis Presley. Und die ist 1973 längst zu einer Figur des Mainstream geworden, die in jeden durchschnittlichen amerikanischen Haushalt gehört.
Im weichgespülten Orchester-Sound erklingen deshalb die Songs. Das funktioniert mitunter richtig gut, wie bei "My Way" oder in "I'm So Lonesome I Could Cry". Zumeist wird man jedoch erdrückt von der schwülstigen Wucht der Arrangements, die so überhaupt nicht zu alten Songs wie "Hound Dog" oder "Blue Suede Shoes" passen will. Die spärlichen Bewegungen von Elvis sowie die minimalistische Show verstärken den Eindruck noch, dass hier zusammenkommt, was eigentlich nicht zusammen gehört.
Oftmals beschleicht einen das Gefühl, der King wolle am liebsten gleich vor Scham im Boden versinken, um diesem traurigen Auftritt ein Ende zu setzen. Wie eine von schlauen Managern ferngesteuerte Puppe spult er sein Programm ab. Nicht mehr, nicht weniger. Vieles erinnert hier an das Märchen von den neuen Kleidern des Kaisers. Ein trauriger Auftritt.
Musikalisch bleibt "Aloha From Hawaii" deshalb eine herbe Enttäuschung, die wohl nur im DVD-Schrank von Elvis-Fans wirklich gut aufgehoben ist. Popkulturell interessant ist der Auftritt dennoch, illustriert er doch ungeschminkt, zu welchen Leistungen ein geschicktes Marketing schon damals in der Lage war. Unter diesem Blickwinkel betrachtet, wohnt "Aloha From Hawaii" ein Geist inne, der seiner Zeit weit voraus war.
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Ich persönlich halte diese Rezension für unzureichend bis misslungen, vor allem halte ich sie für ziemlich mies geschrieben und/weil schlecht recherchiert. Müsste ich (der Anschauung halber) dafür eine Schulnote vergeben, wäre ein "Ausreichend" (4 bis 4-) wohl die Note der Wahl.
Abgesehen davon, dass der Text eine möglicherweise berechtigte Schlussfolgerung bereits im ersten Absatz vorweg nimmt ...
Zitat:
"Aloha From Hawaii" [ist] von einem melancholischen Grundton getragen, der das tragische Ende des Kings bereits erahnen lässt.
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... wird kaum - und wenn doch, dann größtenteils unzutreffend - auf die Musik eingegangen.
Die voreilige Bewertung des vorliegenden Materials "ex post" ist eine Sache. Auf der anderen Seite werden von den 22 Titeln des Konzerts nicht nur lediglich vier (also weniger als ein Fünftel)
überhaupt erwähnt; von den genannten Songs taugt aber wiederum die Hälfte überhaupt nicht dazu, die aufgestellte These, die Musik gehe in "der schwülstigen Wucht der Arrangements" und "hier [kommt zusammen], was eigentlich nicht zusammen gehört" zu untermauern. Aufgrund der Tatsache, dass weder
Blue Suede Shoes noch
Hound Dog überhaupt von Orchester-Arrangements begleitet, sondern vielmehr Sache fast ausschließlich der Rhythmus-Sektion sind (
Hound Dog wird tatsächlich im Schlussakkord vom Orchester begleitet), kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Rezensent / die Rezensentin sich das vorliegende Material wenn nicht überhaupt nicht angesehen, so doch nur quergesehen haben kann.
Des weiteren fehlt eine Einordnung in sowohl einen musikalischen als auch einen privaten Hintergrund des Künstlers völlig. Kein Wort zu einem Konzept der Show, kein Wort zu den fantastischen Musikern und der makellosen und großartigen musikalischen Umsetzung. Das gedankenlos, weil vorschnell hingeworfene Argument von der "musikalisch (...) herbe[n] Enttäuschung" wiegt deshalb umso schwerer. Hier hat sich jemand das Objekt seiner Besprechung offensichtlich nicht nur nicht angesehen, sondern er/sie ist außerdem nicht in der Lage, es entsprechend einzuordnen und zutreffend zu beurteilen. Nur weil etwas nicht in der Lage ist (und a priori nicht dazu gedacht war), das über die letzten gut vier Jahrzehnte bis zum Erbrechen bemühte Bild vom "Feuer des Rock'n'Roll” zu bedienen, ist es musikalisch noch lange nicht schlecht. Programm, Musiker und Performance belehren jeden, der wirklich hinsieht und hinhört, eines besseren.
Das ist wohl letzten Ende die größte Enttäuschung beim Lesen dieses Textes: Nicht, dass der Rezensent / die Rezensentin dem Ganzen einen "melancholischen Grundton" unterstellt oder "die minimalistische Show" beklagt. Beides ist möglicherweise zutreffend, weil erklärlich: Abgesehen davon, dass Elvis erst Tage zuvor mit der Scheidung seiner Ehe konfrontiert wurde, kann man ein gesanglich derartig konzipiertes Programm, das nahezu punktgenau in einer Stunde präsentiert werden muss, aufgrund der notwendigen Kraftaufteilung auch einfach nicht so präsentieren wie eine Live-Show, die vielleicht gefilmt, aber immerhin nicht live von gut 500 Millionen Zuschauern gesehen wird (hier wird übrigens ein weiteres Mal die schlechte Recherche offensichtlich, wenn der Autor / die Autorin von einem Publikum von 1,3 Milliarden
Live-Zuschauern spricht).
Was wirklich schmerzt ist die Abqualifizierung des Gesamtereignisses als "musikalische Enttäuschung", weil es dem eigenen kleinen Horizont vom vermeintlichen "Wesen" des Rock'n'Roll nicht entspricht. Abgesehen davon, dass es ein über die Maßen abgegriffenes Bild ist, hat niemand - und am wenigsten Elvis selbst - eine "Rock'n'Roll"-Show versprochen (man beachte in diesem Zusammenhang nicht nur seine Aussagen in verschiedenen Interviews der Jahre 1970-72, sondern vor allem die Konzeption seiner Show, was zugegeben ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn man sich - wie der Autor / die Autorin - nicht weitergehend mit der musikalischen Komponente beschäftigt hat). Die Abwertung eines hervorragenden und einmaligen Ereignisses, wie es
Aloha From Hawaii in der Geschichte der populären Musik darstellt, als "musikalische Enttäuschung" ist somit nicht nur schwach, sondern unter publizistischen Gesichtspunkten, die ein Portal wie laut.de für sich in Anspruch nimmt, schlicht enttäuschend und vor allem: Unzutreffend.
In diesem Sinne: Gerade noch "ausreichend", bei näherem Hinsehen allerdings schon eher "mangelhaft", weil am eigentlich Thema doch mehr oder weniger vorbei konzipiert
und geschrieben.