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Alt 09.10.2005, 03:58
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Es wird wieder einmal Zeit, sich Neues zum Thema Gitarren aus den Fingern zu saugen
Heute soll es zunächst um 2 Gitarren gehen, welche Elvis im Rahmen seines '68 Comeback verwendete.
Zunächst auf den ersten Blick etwas unspäktakulär, da wir sie wohl schon abgehandelt hatten, eine Gibson J 200 Baujahr 1960.
Als Elvis 1960 aus der Armee entlassen wurde, schickte er seine geliebte '56er Gibson J 200 (welche wir schon im Zusammenhang mit Loving You ganz am Anfang des Threads besprochen haben) zur Ausbesserung. Problem war jetzt nur, dass sie ihm für die Session im März 1960 nicht zur Verfügung stand. Also besorgte man ein neues identisches Modell, diesmal Baujahr 1960, Serien-Nummer A32944.
Diese Gibson J 200 war von da an fester Bestandteil von Elvis' Aufnahmen und Filmen und eben auch im '68 Comeback-Special. Hier fand sie Verwendung in den beiden sit-down-Shows vom 27. Juni 1968.







Einziger wesentlicher Unterschied zu seiner '56 Gibson J200 , sind die variierenden Mechaniken (Dies sind die kleinen Knubbel ganz oben an der Kopfplatte der Gitarre, an welcher die Saiten enden und man die Gitarre stimmt ).

Diese Gibson J 200 war im übrigen auch Bestandteil einiger Elvis-Filme. Man achte darauf in G.I.Blues und Tickle Me




Heute ist diese Gitarre in Graceland ausgestellt zu bewundern.


Doch weiter im '68 Comeback-Special. Jedem der die 3er-DVD besitzt wird die Szene kennen: in der ersten sit-down-Show läuft alles nach Plan. Doch plötzlich, Love Me ist gerade verklungen, bittet Elvis kurzer Hand Scotty Moore, die Gitarren zu tauschen. Der arme Scotty, heiß und kalt zu gleich wird ihm geworden sein. Denn es handelt sich bei dem guten Stück um eine 1963er Gibson Super 400 CES. Dies ist nicht irgend eine Klampfe, sondern eine der besten Jazz-Gitarren überhaupt und hat somit ihren, unverschämten, Preis. Jeder Gitarrist wird nachfühlen können, was in Moore vorging, als Elvis dann auch noch wie bekloppt auf dem Ding zu Baby What You Want Me To einhämmert. Nichts mehr mit filigranem Picking, wie es Moore zu spielen pflegt, nein, flegelhafter Umgang mit seinem heißgeliebten Instrument.... Serien-Nummer ist im übrigen 62713



Die Fotos aus der legendären TV-Show mit Elvis in schwarzem Leder und dieser Gibson Super 400 dürften zu den bekanntesten Elvis-Bildern überhaupt zählen.
Doch wie stets ein Blick ins Detail dieses wunderschönen Spielgerätes:




Die Super 400 CES gehört zu den sogenannten Archtop Gitarren, welche insbesondere im Jazz ihre Verbreitung hatten und haben. Die Form dieser Gitarren ist an die klassische Form eines Cello angelehnt und entstand etwa in den 20er Jahren des letzten Jh. als größere Orchester in Mode kamen und dort die Gitarre sich mehr und mehr zu einem festen Bestandteil entwickelte. In den 30er Jahren kam es dann zum Einbau der ersten Tonabnehmer, damit sich das Instrument in den größer werdenden Big-Band-Orchestern auch durchsetzen konnte. Dabei entstand auch das für die Gibson Gitarren dieses Typs bezeichnende Kürzel ES, was soviel wie Electric Spanish (Guitar) heißt. Das C in der Typenbezeichnung verweist auf den unteren Eingriff in den Gitarrenkörper, dem sogenannten Cutaway, also CES meint Cutaway Electric Spanish (Guitar).
Angelehnt an den Bau eines Cello ist die obere Seite der Gitarre gewölbt, was diesen Archtop Instrumenten ihre wunderbare charakteristische Form gibt. Weitverbreitet waren später auch Jazzgitarren ohne gewölbte Decke, die sogenannten Flattops. Vorteil dieser Instrumente war die weniger aufwendige Anfertigung, welche die Archtop-Modelle auch heute noch zu den ultimativen Gitarren an der obere Preisklasse heben.

Scotty Moore besaß diese Gitarre bis 1986, dann verkaufte er sie für etwa 10.000,- $ an einen Sammler, der wiederum im Jahre 2004 das gute Teil für 15.000,-$ an das Hard Rock Cafe´Orlando weiterverkaufte.

Und weil sie so schön ist, hier noch ein weiteres Exemplar einer 1963er Gibson Super 400 CES . Diese hat zwar nichts mit Moore oder Elvis zu tun, jedoch dürften die 63er Super 400 CES-Modelle extrem selten sein. Die Preise belaufen sich auf etwa 7.000,- bis 13.000,-Euro für gut erhaltene Modelle




Typisch für die 63er Gibson Super 400 CES ist übrigens der spitz zulaufende Eingriff. Die nachfolge Modelle und auch einige der vorgänger Modelle haben abgerundete Cutaways.



Nachdem der gute Scotty Moore diesen Schock nun überwunden hat, lief die zweite sit-down-Show. Und das auch wieder ganz normal.
Bis Elvis nach Are You Lonesome Tonight wieder diesen Rappel bekommt....
Mit Wechsel der Gitarren war Moore praktisch aus dem Spiel, da die Gibson J 200 die er nun spielte nicht verstärkt und damit kaum zu hören war. Eine interessante Frage wäre, ob das '68er Special anders aufgenommen worden wäre, hätte dieser spontane Gitarrenwechsel nicht stattgefunden. Fakt ist, dadurch erlebt die Musik eine ungeahnte Rauheit und Ungeschliffenheit, welche bei filigranen Picking von Moore, nicht entstanden wäre. Songs wie One Night oder Trying To Get To You würden völlig anders klingen. Vergleicht einmal Baby What You Want Me To Do gespielt, bzw. gedroschen, von Elvis und einmal ruhiger, wie die erste Version der 2. sit-down-Show. Das Image, welches Elvis mit seinem Lederdress verkörperte kam durch sein eigenes "wildes" Spiel ungleich besser zur Geltung.



Doch war dieser Frevel des Herrn Presley einmalig? Zu meinem allergrößten Erstaunen NEIN. Mir völlig unbekannt, stieß ich bei der Recherche des Artikels auf ein Bild, welches mich völlig überraschte. Hier sehen wir Elvis im kompletten Gold Lame Anzug im Jahre 1957 Live On Stage. Da er diesen Anzug komplett nach meinen Quellen nur am 28. März 1957 in Chicago, am 29. März 1957 in St. Louis und am 2. April 1957 in Toronto trug, ist dieses Bild von doppelter Seltenheit.

Hier sehen wir Elvis mit Scotty Moores Gibson Super 400 CESN Baujahr 1956. Die Serien-Nummer ist A24672




Schauen wir wieder einmal genau hin:



Diese wunderbare Gitarre bekam Scotty Moore am 08. Januar 1957 von Gibson überreicht und er benutzte sie praktisch das ganze Jahr '57 über, sei es Live oder im Studio, gut zu hören und in jeder Erinnerung bei der Jailhouse Rock Session.
Die Gibson Super 400 CESN ist eines der Vorgängermodelle obiger '63er Gibson Super 400. Das N in dem Namenskürzel steht übrigens für "naturel", da kein zusätzlicher Farblack verwendet wurde.
Schön zu sehen ist, dass hier besagter Cutaway abgerundet und nicht wie bei dem 1963er Modell spitz zulaufend ist.
Als sich Scotty Moore 1963 die besagte andere Gibson Super 400 zulegte, verkaufte er diese hier an Chips Moman, vom American Sound Studio. Dort fand sie übrigens in der legendären 1969er Session Wiederverwendung: Reggie Young spielte auf ihr Suspicious Minds und Kentucky Rain ein.
Am 27.April 2000 verkaufte Chip Momans die Gitarre für 98.652,-§

Und hier noch ein Bild aus selbiger Tour. Ganz links im Bild Scotty Moore und die Gibson Super 400 CESN und Elvis mit seiner '56er Gibson J 200 verpackt in der Ledertasche.



So, dass wars mal wieder von mir in Sachen Guitar World of Elvis Presley.
Ich hoffe es war wieder was Neues und Interessantes für Euch dabei, mehr ist in Arbeit....

Geändert von Ela68 (16.08.2014 um 19:18 Uhr)
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