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Alt 28.06.2005, 19:21
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Was als nächstes kam, bedurfte keiner Ansage: Polk Salad Annie!
In ganz hoher Pieps-Stimme begann er zu erzählen: "Some of you oh...." Er wiederholte den Satzteil mit normaler Stimme und vervollständigte die Geschichte der kleinen Annie. Zwar gab es während des gesprochenen Intros wieder das von Trommelschlägen begleitete Zucken von Elvis, aber so lustig wie sonst erzählte er die Story heute nicht. Auch der Rest des Liededs lief eher nüchtern ab. War der Song sonst eher wie eine richtige Showeinlage aufgezogen, so war er heute, bis auf ein wenig Action am Schluss, eher zahm.


Etwa 20 Minuten waren bis jetzt vergangen, und schon war Elvis dabei, seine Band vorzustellen. Zuerst tat Elvis so, als wolle er die Bandmitglieder untereinander vorstellen ("Charlie, darf ich vorstellen... das ist Jerry Scheff"), doch dann ging er dazu über, die Bandmitglieder seriös vorzustellen. Aber noch immer hatte er den einen oder anderen Gag parat. Die "Imperials" stellte er als die "Sweet Imperials" vor. Die seien angeblich die Ehemänner der "Sweet Inspirations", meinte er. Als die Reihe dann an James Burton kam, meinte Elvis cool: "An der Gitarre steht mein absoluter Lieblings-Gitarrist. Es ist Mr. Chuck Berry". James legte daraufhin mit dem Chuck-Berry-Titel "Johnny B. Goode" los, und Elvis begleitete ihn stimmlich. Elvis konnte die alten R'-R-Standards immer noch bringen. Einmal sang er zwei, drei Zeilen ohne Luft zu holen. Er zog dabei seine Stimme immer weiter hoch, als wolle er gleich abheben. Das alles gemixt mit James Burtons heißer Gitarre, das war Elvis 1970! Nachdem Elvis alle Bandmitglieder vorgestellt hatte, wies er das Publikum noch auf einige Prominente hin, die sich unter den Zuschauern befanden. Außer Jimmy Morgan und der "Blossom"-Sängerin Darlene Love (die auf dem Motown-Label sehr bekannt wurde), befanden sich auch die "Osborn Brothers" und Ad Ames im Publikum. Und inspiriert durch dessen Anwesenheit bescherte uns Elvis eine fantastische Überraschung. Wie so oft, wenn Elvis bekannte Sänger im Publikum wusste, versuchte er einen Hit des berühmten Gastes anzusingen. Heute war es der Song "When The Snow Is On The Roses". Erst sang er leise eine Zeile dieser wunderschönen Ballade und brach dann ab. Er drehte sich zu Glen Hardin am Klavier um und fragte: "Kannst du die Tonlage dazu finden?" Na klar konnte das ein Meister seines Faches wie Glen. Noch einmal versuchte es Elvis, aber die Tonlage schien ihm nicht zuzusagen. Also wechselte man auf E-Dur. Und ein weiterer Versuch startete. Zuerst sang nur Elvis. Doch sofort setzte das Piano ein, und wenig später hörte man auch zarte Schlagzeug-Unterstützung. Und mit leiser Begleitung der "Imperials" entstand innerhalb von Sekunden ein spontanes, völlig unvorbereitetes Lied. Und es ist eine Ballade, die Elvis' Stimme wie auf den Leib geschrieben schien. Elvis singt zwei Mal die Strohphe: "When the snow ist on they roses, when the bluebirds have flown away, in my heart I will remember all the love we've shared today." Was für eine fantastische Einlage.

Das war einer der Lieblingssongs von mir und von meinem Vater. Und der Mann, der ihn singt, ist hier im Publikum. Es ist Mr. Ed Ames", kommentiert Elvis kurz. Doch zurück zum normalen Programm. Die Bandvorstellung war zu Ende, und ein weiterer aktueller Erfolg stand an: "The Wonder Of You". Es war einer der Titel, den jeder Konzertbesucher zu mögen schien. Wenn Elvis das Lied ansagte, war jeder immer sofort begeistert. RCA koppelte die Liveversion vom 19.2. 70 sogar auf Single aus. Doch eine Studioversion gab es davon nie. Sonst ließ Elvis ja inzwischen das "Ha, ha, ha, ha-Intro von der bekannten Version weg. Doch heute wollt er es ganz genau machen und brachte das Intro. Und prompt ging es in die Hose. Elvis schafft den Übergang nicht. Zuerst war er verdutzt, dann nahm er die Sache jedoch kurz auf die Schippe. Hin und wieder wechselte er dann ein paar Worte im Text aus. Es war zwar nett, dass er das Lied heute im Programm hatte, aber der Schliff der Februar-Versionen blieb unerreicht.

Er ging zurück zu den früheren Songs seiner Karriere. Einem scherzhaften Anfang folgte ein bluesiges "Heartbreak Hotel", das sich vom Feeling her kaum von dem unterschied, was wir aus TTWII schon kennen. Es dauerte dieses Mal keine 45 Sekunden! Ohne Ansage folgte "One Night". Mein Gott, wie hatte sich Elvis' Stimme in nur 13 Jahren so grundlegend ändern können? Beide Versionen dieses Liedes hatten sicher ihren Reiz. Aber sie waren grundlegend verschieden. Das ist es vielleicht auch, warum Menschen über Jahre hinweg nicht die Lust daran verlieren, Elvis' Musik zu hören. Die Vielseitigkeit seiner Stimme, die sich ständig ändernden Interpretationen sorgen für immer neue Faszination.

Aber auch hier wollte Elvis an den Biss des Orginals erinnern. Teilweise steigerte er sich so in die Sache hinein, dass sich seine Stimme fast schon zu überschlagen schien. Und dann war es auch tatsächlich so weit. In der Textzeile "Now I know, the live without you, has been to...". Hier verlor er die Kontrolle über seine Stimme. Pfusch gab es keinen bei Elvis. Er hätte die Sache übergehen können. Doch er brach ab. Er wollte seine Sache richtig machen. Er gab der Band Anweisung, wo man erneut ansetzten wollte. Und mit noch mehr Pep ging es in die zweite Runde. Jerry Scheff an der Bass-Gitarre zupfte ordentlich die Saiten. Elvis' spaßhafter Zuruf: "Play it Jerry Lee" spornte ihn wohl zusätzlich an.

Und es ging weiter. Elvis summte kurz die Tonlage zum nächsten Lied an. Die Band war total eingespielt auf Elvis. Summte er einen Ton, wusste man schon anhand der Tonlage, welchen Song er als nächstes geplant hatte. Aus den einstudierten Songs dieses Engagements musste jetzt das Medley aus "Blue Suede Shoes" und "Whole Lotta Shakin' Going On" kommen. Doch anstatt "Well it's one for the money..." zu singen, begann Elvis plötzlich mit "Well bless my soul what's wrong with me" aus "Don't Be Cruel" zu singen. Die Band war wieder einmal von ihm überrascht worden. Er liebte es, die Jungs auf Glatteis zu führen.

Wir kennen eine ähnliche Situation von der CD "Edge Of Reality". Hier verschaukelt Elvis die Band ebenfalls. Doch auch heute kehrt er dann nach dem Scherz zum ursprünglich geplanten Medley zurück. Er fegte durch "Blue Suede Shoes", fügte dann eine Strophe von "Whole Lotta Shakin'" ein und brachte dann zum Abschluss noch einmal den Refrain von "Blue....". Dieses Medley würde er in dieser Form bis zum September 1971 in seinem Vegas-Programm behalten. Heute hatte er während des Medleys einigen Spaß mit Fans am Bühnenrand. Mit ihnen alberte er so herum, dass er einige Zeilen nur noch verlacht bringen konnte.

"Was ist? Oh, haang loose baby. Das verschieben wir auf nach der Show. Ah... und dann nahm ich noch einen Song auf, der zu einem meiner größten Erfolge wurde. Und der hört sich so an. Du musst dich so dabei hinstellen (Elvis macht einen großen Schritt nach vorne und beugt den Oberkörper tief herunter). Wenn du bei dem Lied gerade stehst, reisst es dir das Getriebe kaputt. Oh, was ist denn das? Ach, es ist mein Gürtel (wirft den langen Gürtel zur Seite). Es ist ein sehr zärtliches Liebelied... eigentlich schon eine Ballade... ein Loblied auf Las Vegas. Es geht so YOU AINT'T". Diese letzten Worte schrie Elvis blitzartig aus sich heraus. Der ganze Saal zuckte zusammen. "Das bläst dir die Haare kerzengerade nach hinten. YOOOUUUU sehen Sie, ich war vielleicht 20, als ich dieses Lied aufnahm. Meine Stimme war damals viel höher. Mann. Ein paar Jungs von den Osborne Brothers könnten das heute immer noch so bringen. YOU AAINN'T (mit hoher Pieps-Stimme)... you all.... der Laurel Chor... Mann, ich kann euch sagen YYoouu hmmmmmm but a... nothing but a.... nothing but a.... nothing but a? Was soll das denn bedeuten 'nothing but a'? Yooouuuu whouuuu.... youu aaaAAAIIINnnn". Für einen Moment schien es, als hätte Elvis den Start geschafft. Es hörte sich an, als hole er Anlauf, um dann aber sofort wieder an Tempo zu verlieren. Doch er holte erneut Schwung, und dieses Mal schaffte er es. Er wütete durch eine Superfassung des alten "Hound Dog", indem er 'zig Mal blitzartig ein und dieselbe Strophe herunterrasselte. Es war schlicht, aber es war ein Erlebnis! Er schaffte es, einen Song nur halb so lange zu singen, wie die Einleitung dazu dauerte.