Einzelnen Beitrag anzeigen
  #21  
Alt 28.04.2015, 14:19
Benutzerbild von Tafka S.
Tafka S. Tafka S. ist offline
Posting-Legende
 
Registriert seit: 22.06.2005
Beiträge: 9.924
Tafka S. Renommee-Level 22%Tafka S. Renommee-Level 22%Tafka S. Renommee-Level 22%Tafka S. Renommee-Level 22%Tafka S. Renommee-Level 22%Tafka S. Renommee-Level 22%
Zitat:
Nach dem Militärdienst hat er doch weitaus berechtigt noch Rock'n Roll gemacht.
Soweit man "Rock-A-Hula Baby" u.ä. noch Rock'n'Roll nennen möchte; die Marschrute ging mMn ganz eindeutig in Richtung "It's Now Or Never".

Zitat:
Der King hat sich nach 1960 zum "All-American-Boy" entwickelt und daraus resultiert auch letztlich sein Ruhm.
Kommt ganz darauf an, würde ich sagen. Für die in den 50er Jahren jungen Leute Amerikas war er der Türöffner in mehrerlei Hinsicht; für jene blieb er wohl ewiglich der Rebell, der die Jugend nicht verdarb sondern "ins Licht führte", sag ich mal.

Zitat:
in den letzten 40 Jahren ist man dem Lebenslauf des Elvis Presley journalistisch in keinster Weise gerecht geworden. Es gibt da immer die zwei Kontrahenten: der junge Elvis in den 50'gern (meist wird ein Liveauftritt in schwarz-weiss abgebildet) und dann den dicken Showstar (gezeigt wird gaaaanz oft die Aufnahmen aus Hollywood, Florida vom 12. Februar 1977 - da ist der King bis zur Halskrause mit Kortison vollgepumpt). Das sind die beiden journalistischen Bilder, die die gesamte Karriere erfassen sollen. Irgendwie schade.
Da kann ich nur zustimmen - eine wirklich sehr eindimensionale Sicht einer so langen Karriere, die mehr als zwei Jahrzehnte umspannt hat und - wenn man es genau nimmt - zu keinem Zeitpunkt zum Erliegen kam. Immer hat er irgend etwas gemacht, womit er in der öffentlichen Wahrnehmung präsent war: Platten, Filme, Konzerte - Jahr für Jahr!

Zitat:
Viele die Elvis in den 50èrn als Symbol gesehen haben für eine, nicht nur musikalische, Revolution fühlten sich eben verraten wenn sie ihr Idol in hanbüchenen und oft auch recht reaktionären Filmen sehen mussten.
Das kann ich mir gut vorstellen - denken wir doch nur mal an ein Beispiel der jüngeren Vergangenheit: Metallica. Nach den ersten drei Alben waren sie die Helden des Speed Metal, dann kam das wirklich grandiose "schwarze Album" - und plötzlich wandten sich die Fans angewidert von dieser Mainstream-Musik ab, obwohl die Doppel-LP mit Meisterwerken nur so gespickt war. Diese Wahrnehmung ist mMn durchaus ein Stück weit auf Elvis übertragbar. Und so, wie der King für sein filmisches Schaffen ab ca. 1965 zurecht kritisiert wurde (weil eben Vieles seiner schlicht und einfach unwürdig war), so war bei den Metallica-Fans die K...tzgrenze erreicht, als sie mit einem Symphonieorchester auftraten.

Zitat:
selbst ich als Fan staune nach Jahren noch wie man von Mystery Train zu Yoga Is .. kommen kann. Und auch ich hätte zweiteres nicht gebraucht um es mal vorsichtig zu formulieren.
Das geht mir nicht viel anders, ehrlich gesagt. Der "gemeine" Fan neigt ja ein wenig dazu, wirklich alles zu glorifizieren, was der King jemals gemacht hat, und er hat ja nun wirklich viel gemacht in seiner Karriere. Doch wo viel Licht ist, ist natürlich auch Schatten, und gerade die eher schwache Film-Periode ab etwa 1965 (mit ganz, ganz wenigen Ausnahmen) war auch in meinen Augen nicht wirklich nötig.

Zitat:
Allerdings wurde ich geboren als Elvis schon tot war und wusste schon, als ich begann die guten Sachen zu entdecken, das es bei Elvis auch ziemliche Untiefen auszuloten gibt. Meine Erwartungen waren also anders als die der jungen Leute die in den 50èrn "Live" dabei waren als er die coolste Sau des Planeten war.
Auch hier gehe ich zu großen Teilen mit, wobei ich selbst noch zu Lebzeiten des King geboren wurde.

Zitat:
Andere Entertainer sind da auch kaum ein Maßstab, denn:
In einem z.B. Dean Martin, ich könnte hier auch x andere Schauspieler/Sänger als Beispiel nennen, hat man nie etwas anderes anderes gesehen als eben einen Entertainer. Daher hat man ihm aus seichten Filmen und Schlagern, anders eben als Elvis, auch keinen Strick gedreht.
Ein interessanter Vergleich, wie ich finde. Und ich finde nicht, dass er hinkt.

Zitat:
Und umfassende Biografien und spannende Abhandlungen usw. gibt es ja auch über andere Künstler zur Genüge. Oft übrigens weitaus spannendere als die von unserem Helden der doch, zumindest in den 60er und 70er Jahren, recht passiv und zurückgezogen war. Das ist natürlich OK aber als Lesestoff doch zumindest teilweise eher uninteressant.
Auch das könnte ein Grund dafür sein, zwei Jahrzehnte künstlerischen Schaffens einfach in zwei, drei abfälligen Sätzen herab zu würdigen (die Schlagworte dürften klar sein: für die 60s "seichte Filme" und "zurück gezogen", für die 70s "vollgefressen", "drogenabhängig", "Las-Vegas-Karrikatur"). Wer dazwischen etwas entdecken will, der wird bei Elvis fündig - ich garantiere es!

Zitat:
Das kann aber - journalistisch gesehen - nicht dazu führen, einen Künstler daran zu messen, was er hätte machen sollen, sondern was er gemacht hat. Im Übrigen bin ich mir auch gar nicht so sicher, ob alle so maßlos von Elvis enttäuscht waren, denn die Militärzeit hat a. einen Cut in künstlerischer Hinsicht verursacht. Die musikalische Welt hat sich weitergedreht. Im Übrigen war in den Charts darüber hinaus vertreten. Er hat seinen musikalischen Kompass - ich möchte sagen - angepasst, wie es schon viele andere Künstler vor ihm getan haben. Mystery Train vs. Yoga is as Yoga does. OK, aber dafür gab es sicherlich auch Hörerschaft. Die Kritik daran? Hat er etwa seine musikalische Einstellung verraten? Zunächst war er Künstler und wollte Geld verdienen. Dass die Filmjahre nicht optimal waren steht außer Frage. Und das kann man auch so benennen. Aber selbst in dieser Zeit hat er gute Sachen gemacht. Ich glaube, dieser vermeintliche Verrat am Rock'n Roll hat nie stattgefunden. Es waren Entwicklungen in die eine und andere Richtung (Out of Hollywood - m.E. eine der besten FTD). Spätestens seit Burbank sollte es heißen "Back to the roots". Aber selbst das wird kaum gewürdigt. In der Berichterstattung fehlt mir das Gesamtbild. Jung und sexy - alt und fett, das ist mir zu wenig. Ich möchte zum Abschluss ein Beispiel bringen: Die Zillertaler Schürtzenjäger - alles brilliante Musiker - haben seit Anfang der 70'er Jahre Volksmusik gemacht und sind Ende der 80'er über den Schlager zum sogenannten "Alpenrock" gelangt. Die haben in Finkenberg Dinger gebracht: Fantastisch. Sicherlich gibt es einige Puristen die sagen, dass ich nicht meine Sache. Aber diese Musikgruppe muss man auch im Gesamtzusammenhang sehen. Die haben auf beiden Seiten ihre Fans und beides gehört irgendwie zusammen.
Zitat:
Das Elvis auch in den Filmjahren gute Sachen gemacht hat steht gar nicht zur Debatte. Die 60èr sind, trotz einiger wirklich grütziger Soundtracks, sogar mein liebstes Elvis Jahrzehnt. Die Frage ist wie er wahrgenommen wurde. Und das man in bestimmten Fan und Journalistenkreisen nun einmal bestimmte Erwartungen an ihn hatte finde ich jetzt keine provokante These. Ob du diese teilst ist dabei auch nebensächlich. Um uns geht es ja hier nicht.
Das Elvis nicht verpflichtet war diesen Erwartungen zu entsprechen bestreitet ja keiner. Er konnte machen was er wollte.
Aber: Das er sein künstlerisches Niveau in teilweise absurde Tiefen geführt hat, hat dazu geführt das man Elvis als einen Weichspüler ohne Vision der sich für nichts zu schade ist abgestempelt hat während er in seiner "Glanzzeit" eben einfach der absolute Hammer war. Und zudem eben, wie bereits erwähnt, eine Symbolfigur für Freiheit und Ausbruch aus dem Mief. Ein harter Kontrast und Todesstoß für sein "seriöses" Rockerimage.
Und: Die Fehlgriffe eines Dylan etwa werden immerhin als eine gescheiterte, aber eigene, Vision angesehen. Oder zumindest als bewusste Provokation oder eben als Späßchen. Bei Elvis steht eben in Großbuchstaben "Sell Out" drüber. Ist ja, für mich, auch OK. Aber für den Rock Kritiker der sich sonst mit sogenannten "ernsthaften" Künstlern beschäftigt eben schwer zu schlucken.

Was die Berichterstattung in der Boulevard Presse angeht ist vollkommen klar wie der Hase läuft. Da brauchen wir denke ich nicht drüber reden. Ich war neulich "gezwungen" ein Interview mit einer bekannten Sängerin bei RTL, ich sehe freiwillig nur noch Fußball und ganz selten einen ausgewählten Film ohne Werbung im TV, und da gab es keine einzige Frage die irgendwas mit Musik zu tun gehabt hätte. Da ging es um Klatsch und Tratsch. Und bei Elvis ist der interessanteste Tratsch sein wirklich unrühmlicher und desaströser Abstieg vom Rock`n`Roll Gott zum übergewichtigen Drogenwrack + Abgang auf dem WC. So fuunktionieren diese Medien aber, leider, nicht nur bei Elvis.
Sehr interessante Überlegungen/Feststellungen - von Euch beiden!
Könnte nicht behaupten, dass einer unrecht hätte; Elvis als E-L-V-I-S und seine Wahrnehmung in der Öffentlichkeit sind unbestreitbar zwei paar Schuhe; über seine musikhistorische Bedeutung sind wir Fans uns sehr wohl im Klaren, doch für den Boulevard-Journalismus zählen nun mal nur Superlative - im guten, wie im schlechten.
Entweder man ist der Größte, oder man wird der Lächerlichkeit preisgegeben...
Die folgenden Nutzer bedankten sich bei Tafka S. für diesen Beitrag: