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Alt 09.04.2006, 22:00
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michael grasberger michael grasberger ist offline
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"nein, ich geh nur zurück zu unserem tisch." mein herz raste, und ich fühlte, wie mir das blut ins gesicht schoß. ich hatte mir vorgenommen, zuerst die nötigen nerven zu sammeln und ihn später am abend anzusprechen, aber das hier kam völlig überraschend und ich war darauf nicht vorbereitet.
"ich würde dich gern treffen, wenn ich hier fertig bin. bleibst du für den rest der show? vielleicht kannst du mir die stadt zeigen."
"da gibt's nicht viel zu sehen. biloxi ist eine sehr kleine stadt." ich brabbelte wie ein idiot und versuchte dabei die abgebrühte zu spielen. warum, wußte ich selber nicht.
"zeig mir, was es gibt. ich bin nicht so anspruchsvoll. ich werde in etwa einer stunde fertig sein. warte auf mich. dauert nicht lang. ich muß nur beim einladen der instrumente helfen, okay?"
ich nickte nur und ging mit glenda zurück zum tisch. sie gab mir eine klaps auf die hand und sagte unaufhörlich, "ich kann es nicht glauben! du glückspilz! du glückspilz!"
elvis kam zurück auf die bühne und sang weitere vierzig minuten. unser tisch war von tanzwilligen jungen fliegern umzingelt, die uns die sicht auf elvis verstellten. wir mußten also wohl oder übel mit ihnen auf die tanzfläche, um ihn überhaupt sehen zu können.
nach der show wartete glenda mit mir draußen vor dem club. elvis fuhr in einem hellrosa/schwarzen 1955er ford crown victoria vor, auf dessen dach ein stehbaß festgezurrt war. das sah wirklich lustig aus; wie eine kuriose kriegsmaschine. er sprang raus, kam auf die andere seite und hielt mir die tür auf. wir verabschiedeten uns von glenda und chester und fuhren los.
"hast du was dagegen, wenn wir zurück zum motel fahren?", fragte er. ich mußte erstmal schlucken und fragte mich, was er wohl vorhabe. bevor ich antworten konnte, hatte er mich aber schon beruhigt.
"nur damit ich noch schnell duschen kann." er hatte sich auf der bühne so verausgabt, daß sein hemd schweißdurchtränkt war.
"sicher", lachte ich.
"ich weiß nicht mal deinen namen, hübsches mädchen."
"ich heiße june. und du?"
"mein name ist elvis."
"nein, ich meine deinen richtigen namen."
"mein richtiger name ist elvis."
"oh, ich dachte, elvis wäre nur ein bühnenname."
"nope, den hab ich schon mein ganzes leben. macht es dir was aus, im auto zu warten, june? die jungs haben eine ziemliche unordnung im hotelzimmer. es gibt nicht mal platz zum sitzen. es dauert nicht lang, versprochen."
"sicher, mach schon."
zwei männer kamen aus dem motel. einer ging auf die linke seite des wagens, der andere auf die rechte. sie öffneten beide türen, stellten sich auf den unteren türrand und begannen, den baß abzumontieren. zuerst begriff ich nicht, was sie vorhatten und sank in den sitz zurück.
"hi, ich bin scotty, und der da drüben ist bill. hoffe, wir ham Ihnen keinen schrecken eingejagt, kleine lady!" scotty spielte gitarre und bill war der bassist. ich war froh, als sie den großen baß vom autodach nahmen. das war vielleicht ein blickfang in der stadt – das auto sah aus wie ein panzer mit einer kanone obendrauf. gerade als die jungs den baß reintrugen, kam elvis heraus. er versicherte den beiden, er wäre pünktlich zur abreise wieder zurück. am morgen sollte es weitergehen nach alabama, wo sie noch ein paar auftritte hatten.
"okay, hübsches mädchen, zeig mir die stadt."
"hast du meinen namen schon wieder vergessen?"
"nein, june, gar nichts hab ich vergessen. du bist nur wirklich so hübsch."
"danke. ich wette, das sagst du zu jeder."
"nope, nur zu den hübschen. wohin geht's, hübsches mädchen?"
"wonach steht dir denn der sinn?", fragte ich unschuldig. er zog die augenbrauen hoch, sah zu mir rüber und lachte.
"wenn ich jetzt ehrlich antworte, june, gibst du mir eine ohrfeige." wir lachten beide. nicht nur, daß er ein großartiges gesicht besaß, er hatte auch den richtigen sinn für humor.
"okay", sagte ich. "wonach steht dir noch der sinn?"
"wie wär's mit einem netten plätzchen, wo wir was zu trinken bekommen und uns näher kennenlernen können."
wir fuhren ein paar blocks weiter den strand runter zu gus stevens' restaurant und gingen in die lounge. dort fanden wir einen kleinen tisch für zwei im eck, schön abgelegen. die band sollte um zehn loslegen, gefolgt von einem komödianten namens dave garner um elf. als die kellnerin unsere bestellung aufnahm, fürchtete ich, sie würde meinen ausweis verlangen. auf meinem führerschein stand schwarz auf weiß, daß ich erst siebzehn war.
"was hättest du gern, baby?", fragte elvis und zwinkerte mir zu.
"ich nehm eine VO mit 7-up", sagte ich lächelnd zur kellnerin. mein vater pflegte eine flasche seagram's VO whiskey am küchentisch zu horten.
"für mich ein coke, bitte." er zwinkerte nochmal.
"dann nehm ich lieber auch ein coke." die kellnerin ging lächelnd weg. sie hatte nur augen für elvis gehabt, da hätte ich mich genausogut für hundert ausgeben können.
"june, wenn du einen cocktail willst, ist das okay."
"nein, wirklich nicht. ich wolte nur, daß mich die kellnerin für älter hält."
"wie alt bist du denn, june?"
"zu jung um hier zu sein", flüsterte ich ihm zu.
"du meinst, du bist noch nicht achtzehn?"
"noch nicht. im november ist es soweit."
"ich bin im jänner gerade zwanzig geworden. laß uns austrinken und hier verschwinden."
aber die band war gut, und so bestellten wir noch zwei cokes und erfreuten uns an der musik und aneinander. den komödianten ließen wir aus und fuhren stattdessen an den strand. die nacht war perfekt, mit einer leichten brise vom wasser her.

[fortsetzung folgt]
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