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Joern 16.08.2010 21:00

"Welcome To The Jungle - Solitaire"
 
Review "Welcome To The Jungle - Solitaire"


Am 3. März fing Fleetwood Mac mit den Aufnahmen zu ihrem Klassiker-Album Rumours an.
Am 15. März veröffentlichten die Schmock-Rocker von KISS ihr legendäres Album Destroyer.
Am 24. November spielte The Band letztmalig live. Der Auftritt - The Last Waltz betitelt - wurde von Martin Scorsese verfilmt, der an der Arbeit zum Dokumentarfilm Elvis On Tour von 1972 beteiligt war.

Seither hatten sich für Elvis einige Dinge geändert. War er in 1972 mal wieder 'on top of the world' - erfolgreicher Film, sensationelle Touren und ein Rekord im Madison Square Garden - sahen die Dinge in 1976 erheblich anders aus.

Die Konzertbesprechungen waren gelinde gesagt nicht gut. Er wurde als nicht mehr zeitgemäß betrachtet, jemand der sich selbst überlebt hatte. Die Probleme mit dem Gewicht wurden zunehmend größer. Kurzum, der Mann, der von der Welt über die Maßen verehrt wurde, hatte eine - erkennbar - schwere Zeit.

Seit fast einem Jahr hatte er keine neuen Songs aufgenommen. Irgendwann ist RCA auf die Idee gekommen - wie Jerry Hopkins es so treffend formuliert hat - "Wenn Mohammed nicht zum Berg geht, dann kommt der Berg zu Mohammed."

Die komplette Tour-Band war in Graceland anwesend. Jeder wartete darauf, dass Elvis die Treppe herunterkam, um im umgebauten Jungle Room mit den Sessions zu beginnen. Die Aufnahmen dauerten vom 2. bis zum 7. Februar.

Wenn man den Ausführungen von Hopkins und anderen glaubt, gestalteten sich die Aufnahmen - gelinde gesagt - schwierig. Der Manager des New Yorker Studios, Larry Schnapf, ließ jedoch in einer Korrespondenz kurz nach dem Ende der Sessions gegenteilig verlauten, dass die Sessions ganz gut gelaufen wären.

Die neu erschienene CD "Welcome To The Jungle - Solitaire" von Venus enthält jeden derzeit verfügbaren Take von "Solitaire" und "Moody Blue". Die CD enthält daneben auch die undubbed master Takes, die dubbed master Takes und einen different Mix von Solitaire.

Die ersten beiden Takes von "Solitaire" bricht Elvis ab, weil er den Song einfach noch nicht richtig hinbekommt. Ein kurzes "Blew it!" beendet den zweiten Take. Beide Takes dauern etwas über zwei Minuten und sind bislang unveröffentlicht gewesen.
Den dritten Take findet man auf FTDs bislang bestverkaufter CD "The Jungle Room Sessions", allerdings fehlt dort das Intro. Ganz offensichtlich besitzen die Leute von Venus andere Bänder und sind nicht darauf angewiesen Takes von FTD zu entwenden.
Die Takes 4 und 5 fehlen. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass beide Takes lediglich "false starts" waren oder aber Elvis überhaupt nicht zu hören ist.
Die Takes 6 und 7 gab es vorher schon mal auf "Made In Memphis", allerdings wurde dort angegeben, es handele sich nur um Take 7. Der Take enthält Elvis Kommentar Sedaka bei nächster Gelegenheit um die Ecke zu bringen, weil der Song offenbar schwieriger einzusingen ist, als gedacht. Elvis Bemerkung "Gonna kill Neil Sedaka when I see him"erinnert mich doch stark an Elvis Ausspruch "Billy Swan, my ass!" von der letzten Venus-Veröffentlichung "Christmas Today".
Der Take 8 ist komplett, unveröffentlicht und obendrein schon ziemlich nah am Master dran. Der Song dauert 4.39 Minuten.
Take 9 endet nach rund Sekunden. Elvis bricht den Versuch mit "God damn son of a bitch" kräftig fluchend ab. Take 10 endet nach wenigen Sekunden. Der Grund ist nicht hörbar.
Take 11 ist der "undubbed master take", wie man ihn von "Our Memories Of Elvis" kennt. So betrachtet ist der Take nicht wirklich undubbed, hat man doch lediglich einige Kanäle rausgedreht.

Den unterschiedlichen Master Mix konnte man auf dem Album "Always On My Mind" von 1985 hören. Der Song repräsentiert den Song in der Klangqualität, wie RCA ihn zum Kauf angeboten hat. Im direkten Vergleich mit den Outtakes klingt der Mix desaströs. Wo die Outtakes frisch, klar und differenziert klingen, hat man auf der anderen Seite einen trüben, schlecht klingenden und maßlos over-the-top overdubbed produzierten Mix von offizieller Seite.

Ein besserer und weniger geschmacklos zugekleisterter Master Take hätte die Welt wohl nicht verändert, aber deutlich aufgezeigt, dass Elvis den Sedaka Song wirklich gut gesungen hat.


Der andere Song der Jungle Room Sessions, den Venus auf dieser CD präsentiert ist "Moody Blue". Aus meiner Sicht war "Moody Blue" mit seinem discoähnlichen Rhythmus ein gänzlich untypischer Elvis-Song. Alles in allem benötigte Elvis zehn Takes, um den Track einzusingen.

Der erste Take von "Moody Blue" auf der CD ist Take 3. Der Take ist komplett, unveröffentlicht und dauert 3.46 Minuten. Im Vergleich zum Master Take probiert man ein etwas langsameres Tempo.
Die nächsten beiden Takes 4 und 5 sind ebenfalls komplett. Dabei ist der 4.01 Minuten lange Take 4 bislang unveröffentlicht. Take 5 gab es auf der FTD-Veröffentlichung, aber dort wurde er fälschlicherweise als Take 3 angeführt.
Take 6 war auf der FTD "Made In Memphis", allerdings fehlte da der Count-in den Venus dabei hat.
Take 7 - als italienische Version von Elvis veralbert - war auf FTDs "Jungle Room Session" mit drauf, obwohl er dort nicht aufgeführt war.
Die Takes 8 und 9 sind nur kurze false starts.
Die Quelle für den undubbed master take war scheinbar ein Acetat im Mono-Sound. Den gab es bereits auf verschiedenen Bootleg Zusammenstellungen. Allerdings nicht in dieser Qualität.
Die CD endet mit dem bekannten Master Take.

Das 16-seitige Booklet beinhaltet einige schöne Konzert Fotos vom März 1976. Der Grund wird sein, dass es von den Sessions schlicht keine Bilder gibt und März 1976 zeitlich am dichtesten an den Sessions dran ist. Die Liner Notes sind gut und informativ geschrieben. Die Picture CD ist sicher Geschmacksache.

Unabhängig davon ist der Inhalt frei von jedem Zweifel nur als "Unglaublich!" zu bezeichnen. Die CD bietet fast 20 Minuten unveröffentlichtes Studio-Material und das mehr als 30 Jahre später!

Abschließend bleibt festzuhalten: dass es natürlich nicht der Elvis der 50er, 60er oder der frühen 70er ist, aber es ist Elvis. Er mag nicht mehr so gut klingen, wie in den vorherigen Jahren, aber in meinen Ohren klingt er noch immer beeindruckend gut. Hinzukommt, dass das Material für Elvis-Lunatics - wie mich - von nahezu historischem Wert ist, stellt es doch das letzte aufgenommene Studiomaterial dar. Obendrein ist die Soundqualität schlicht und ergreifend umwerfend!

Wer Interesse daran hat im Studio in der Ecke zu sitzen und die Entstehung eines Songs zu beobachten, kommt hier voll auf seine Kosten. Als Elvis-Fan mit dem ausgeprägtem Wunsch für "das Besondere" kann ich nur jedem empfehlen, sich die CD zuzulegen. Highly recommended!

Jörn

gast-20100801 17.08.2010 08:43

Die CD finde ich absolut klasse und hoffe natürlich, dass noch weitere Teile folgen werden.

Gesanglich war ich allerdings ein bisschen von Elvis enttäuscht, denn selbst den Master-Takes fehlt einfach die Perfektion, die der King nur wenige Jahre -bzw. sogar noch im Vorjahr- abgeliefert hat. Insofern hat Felton Jarvis nachträglich noch einiges retten müssen. Und man muss ihm lassen, dass er dazu durchaus fähig war. Das BOULEVARD Album gehört zu meinen absoluten Favoriten (:ups:).

Von FTD werden wir die Aufnahmen niemals chronologisch geordnet und vollständig serviert bekommen und insofern bleibt nur die Hoffnung, dass diese VENUS CD keine Eintagsfliege war und es noch weitergeht.

PS: Sehr guter Review, Jörn! :top:

Loverdoll 17.08.2010 08:58

Wie immer, brilliantes review, danke joern :top:

da ich ein großer freund von sessionausschnitte jeglicher art bin, hoffe ich sehr, das venus das ziel, ähnliche vö, weiter verfolgt, vor allem in dieser wunderbaren soundqualität :hurra::hurra:

Herbi 17.08.2010 15:28

..eine sehr schöne review zu einer sehr interessanten CD !!:top: ...klasse Joern !!:top:

Joe S. 17.08.2010 17:03

Toller Review.Danke schön.
Trotzdem muss ich sagen, dass die VÖ dahingehend entäuschend ist, dass nur 2 Lieder auf der CD drauf sind.Hätte FTD eine CD mit nur 2 Liedern rausgebracht,wäre das GEschrei riesengroß gewesen.Jetzt würde man auch die nächsten VEnus CD´s kaufen, auch wenn es jetzt immer nur 2 Lieder geben würde.

King77 17.08.2010 17:22

Das hat meiner Meinung nach nichts mit der Menge der Lieder zu tun sondern mit der Menge an unveröff. Material bzw.Takes.Würde man die Takes von Hound Dog finden-31 Takes wären 2 CD´s locker voll u. ich würde mir die Import auch zulegen.Doncha Think It´s Time - 48 Takes wäre auch nicht schlecht.:grins:

michael grasberger 17.08.2010 17:22

ich darf dem rezensenten meine bewunderung dafür aussprechen, dass er es geschafft hat, sich eine cd komplett anzuhören, auf der zwei so fürchterliche songs in x-facher wiederholung durchlaufen.
würde ich nicht schaffen.:grins:

King77 17.08.2010 17:23

Hast du deine Dylan Cd´s noch nie durch gehört.:gruebel:

Oliwa 17.08.2010 17:29

Zitat:

Zitat von Joern (Beitrag 805529)
Er mag nicht mehr so gut klingen, wie in den vorherigen Jahren ...

Doch, das tut er ohne Zweifel :top: Moody Blue gehörte schon seit anfang an meiner fanschaft, zu meinen tops uns Solitaire hat auch gewaltige Gefühlsstimmung in sich :hurra:

King77 17.08.2010 17:37

Ja,das finde ich auch.Beide Songs werden von Elvis super interpretiert.Überhaupt Soltaire,wenn man den Song mit anderen Versionen vergleicht bringt Elvis ein Feeling hinein das z. B bei Sedakas eigener Aufnahme fehlt.Auch bei Moody Blue,nur da fehlen die Vergleichsmöglichkeiten.


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