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Alt 23.04.2006, 14:04
Benutzerbild von michael grasberger
michael grasberger michael grasberger ist offline
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michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%michael grasberger Renommee-Level 100%
als der geruch von verbranntem speck ins badezimmer waberte, dachte ich zuerst, in der küche sei eine panne passiert. doch dann, wir hatten gerade bei tisch platzgenommen, fielen mir die sechs angebrannten speckscheiben auf, die adrett auf elvis' teller arrangiert waren. ich lachte mich krumm über diesen anblick. da hatte sich mrs presley einen tollen scherz mit elvis erlaubt. aber als ich einen blick in die runde warf, bemerkte ich, dass sonst niemand lachte. ich wurde darüber aufgeklärt, dass elvis schon von klein auf seinen speck so zubereitet aß. dazu kam, dass er sein spiegelei ziegelhart braten ließ. abgesehen von diesen beiden eigenheiten waren seine essgewohnheiten damals aber relativ normal.
[...]
elvis wartete immer noch auf den wichtigen anruf, und er sah alle fünfzehn minuten ungeduldig auf die uhr. er hatte so ein hohes energielevel, dass es ihm unmöglich war, längere zeit an einem ort zu bleiben.
ich schlug vor, dass wir wieder reingehen und ein wenig musik hören. ich wollte etwas von elvis presley hören, ein wunsch, dem er gerne nachkam. sein erstes album, elvis presley, war die bestverkaufte platte in der geschichte von RCA victor. er legte die platte auf und wir machten es uns am boden vor den boxen bequem. uns gefiel das herumlümmeln auf dem dicken, weichen teppich. dieses gefühl hatten wir als kinder nie gekannt.
mr presley trat ins wohnzimmer wie der weihnachtsmann, einen riesigen sack mit fanpost auf dem rücken geschultert.
"wohin mit dem zeug, sohn? willst du etwas davon lesen, oder soll ich es hinten stapeln?"
"lass es hier, daddy. june soll mir später beim durchsehen helfen." zum glück sagte er "später", denn im moment wollte ich nichts anderes tun, als neben ihm am boden zu liegen, sein album anzuhören und ihm dabei in die augen zu sehen.
als der song "i got a woman" an der reihe war, zog er mich hoch, legte die linke hand auf meine stirn, die rechte auf meinen bauch und spielte auf mir wie auf einem stehbass. das war einer seiner possierlichsten einfälle. sobald in zukunft irgendwo ein song mit einem guten bass spielte, stand ich schon bereit.
"bill black sollte einen bass haben wie dich, june, du bist nie verstimmt."
"glaub nur nicht, du kannst dir erlauben, mich aufs autodach zu schnallen."
nachdem wir seine lp komplett durchgehört hatten, legte er ein album der platters auf, das er zur zeit dauernd hörte. darauf waren zwei seiner absoluten lieblingssongs, "only you" und "my prayer". er hatte meine ungeteilte aufmerksamkeit, als er lauthals mit der platte mitsang.
anschließend nahm er den seesack und leerte ihn am boden aus. erst kürzlich hatte er eine sekretärin anstellen müssen, die sich um die fanpost und die autogrammwünsche kümmerte, aber wenn ihm zeit blieb, las er gerne selber darin.
"meine fans sind mir wirklich wichtig, june. ohne sie würde ich noch immer einen truck fahren."
"ach du liebe güte! ich hab noch nie so viele briefe gesehen. bekommst du immer so viel post?" fragte ich staunend.
"das ist noch gar nichts. meistens sind es zwei oder drei säcke. hilfst du mir beim durchsehen?"
"ich zog den erstbesten aus dem haufen. er war von einer achtzehnjährigen irgendwo in alabama. sie wollte eine autogrammkarte und hatte auch gleich ein photo von sich selber im badeanzug beigelegt. ich reichte es elvis rüber.
"wow! leg das mal auf die seite, june. ich muss mir name und telephonnummer in mein adressbüchlein eintragen."
ich wusste, dass er das nicht ernst meinte. sein adressbüchlein wäre nämlich sonst so groß, dass er es in einem truck transportieren müsste.
"wo ist denn dein buch? ich mach dir gleich mal eine liste mit den guten adressen", erwiderte ich nonchalant.
"das würdest du glatt tun, nicht wahr, june?"
"aber sicher doch. es soll dir schließlich an nichts mangeln."
den nächsten brief begann ich laut vorzulesen und dichtete ein bisschen was dazu.
"wow! hör dir das an. 'elvis, mein liebster! ich glaube, ich bin in dich verliebt. ich bin mir sicher, du könntest mich auch lieben. ich gehe zu allen deinen shows. das nächste mal, wenn du hier unten im süden spielst, halte ausschau nach mir. ich trage immer einen rosaroten schal. bitte schick mir doch eins deiner sexy bilder. in liebe, ralph.'
"gib das her, june. du machst wohl witze." er riss mir den brief aus der hand und lachte, als er merkte, dass ich alles frei erfunden hatte.
viele der briefe waren in parfum getränkt worden. man versuchte mit allen mitteln, elvis' aufmerksamkeit zu erregen, und dazu gehörte neben allerlei originellen zeichnungen am kuvert eben auch, dass an seinen geruchssinn appelliert wurde. mir wurde langsam schlecht von der geballten ladung verschiedenster düfte, und wir stopften die briefe zurück in den seesack. elvis schleppte ihn in ein zimmer im hinteren teil des hauses, wo sack über sack fein säuberlich bis an die decke gestapelt waren.


[fortsetzung folgt]