Thema: Der Rebell
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Alt 12.11.2007, 20:12
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Gast
 
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Der Rebell

Es wird immer viel darüber nachgedacht, was denn nun das Rockende an Elvis war. Ist’s wirklich so gewesen, wie Lennon behauptete, dass ihm die Zähne in der Armeezeit gezogen worden waren? Ich meine, ganz und gar nicht. Natürlich hängt es immer davon ab, in welche rockende Schublade man seinen Helden denn gerne einsperren möchte.
Setzen wir mal Rocker mit Rebell gleich, sind sich die meisten einig, dass dieser Höhepunkt bis zum Beginn seines Wehrdienstes reicht. Ist auch keine Kunst das so zu sehen. Unverkennbar vermochte er ein Tier raushängen und zappeln zu lassen, das die Welt so noch nicht gehört und gesehen hatte – und eine Kulturrevolution auslöste. Natürlich war er auch schon zu dieser Zeit nebenher der Smarte und Softe und Traumschwiegersohn. Doch das wurde von den „Rock“fans geflissentlich ignoriert. Diese Facette trat stärker im Mustersoldaten zutage, der geduldig und überaus freundlich Dienst und Begeisterung schulterte, und sogar Freunde und Familie in Übersee versorgte. Hier erleben wir seine erste (unabsichtliche) Rebellion gegen das bisherige Image. Hätte die Welt richtig mitgekriegt, dass er sich gleichzeitig an Minderjährige ranmachte, wär’s die Rebellion gegen das Image des Saubermannes gewesen. Nee, gepoppt hat er sie erst viele Jahre später. Fast schon wieder ne Rebellion gegen das Sexsymbolimage.
Nach der Armeezeit wurde im wesentlichen gegen mittelmäßige Gagen rebelliert, so dass er sie erhielt, die Gagen des Megastars. Und er lebte das Leben eines Schauspielers, der ein solches Leben ein Stück weit sehr genoß. Denn er rebellierte ja auch gegen die Armut seiner Kindheit. Er spielte meist in familienfreundlichen Unterhaltungsfilmen, Komödien und Musicals den Strahlemann, den Gutmenschen und den Schürzenjäger. Letzteres mit ironischem Zwinkern in Anspielung auf sein reales Image. Und er spielte den sich zum Erfolg Boxenden, der nie nur für sich allein kämpfte. Zu alledem sang er Songs, die die Welt nicht mehr aus den Angeln hoben, denn das hatte er ja Jahre zuvor schon gemacht, so dass die nachfolgende Rock- und Beatgeneration wohl sexy war, aber kein Novum mehr. Ebenso wie seine eigenen Anklänge hier und da an jene Zeit. Dass Mr. Rock’n’Roll so pflegeleicht und liebenswert schauspielern konnte, ärgerte jene, die sich in Sachen ‚Rebellion’ noch nicht genug elvismäßig abgetanzt hatten. Und sie empfanden Elvis irgendwie als Weichei und Verräter. Dabei war er nur ein Mensch mit ordentlicher Bandbreite, der nun unabsichtlich gegen sie, die ewig gestrigen (Rocker), rebellierte.
Natürlich nervt es auf Dauer, wenn sie sagen, die Beatles und die Stones seien die wahren Könige, und du seist Geschichte. Und so rebellierte Elvis gegen seinen Manager, und machte aus der NBC Xmas Show ein Rockrevival à la Elvis Presley. Mit allem dabei, was ihn ausmachte. Filmsongs, Gospels, Country, aber eben auch Rocksongs. Und mit letzteren haute er rein wie eine Bombe, und rebellierte gegen sein Filmimage, und insbesondere gegen den Rockgrößenwahn der 60er, den es ohne ihn nicht gegeben hätte, und der nun gucken durfte, wie’s wirklich geht. Elvis rockte und rockte. Auf seine Art. Und Las Vegas lag ihm zu Füßen.
Alle wollten von ihm gef… werden. Nicht nur gestörte Groupies.
Das Leben ging weiter. Und Elvis’ Lust auf der Bühne alles mit Gefühl und Ausdruck majestätisch zu intonieren, blieb ebenfalls nicht stehen. Und wieder rebellierte der Rocker gegen die Rocker, die nichts anderes in der Birne und im Herzen hatten. Und wurde zum Songinterpreten der absoluten Weltklasse und zum umjubelten Entertainer. Er rebellierte gegen jedes Schubladendenken, und wurde als Künstler, der alles so drauf hatte, als hätte er drin gebadet, zum, wie Derek es ausdrückte, „Halbgott“. Dass dieser aber auch nur ein Mensch war, der wie alle dem Vergehen unterlag, war wiederum eine Rebellion gegen seine Fans, die ihn für immer festhalten wollten. Medien und Enthüllungsbücher mühten sich darum, dass ihnen dies auch tatsächlich nicht gelingen sollte. Doch Elvis rebellierte gegen das Ausgebootetwerden. Er blieb ganz dicht bei seinen Fans, und sie hielten ihn fest.