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Alt 18.06.2021, 17:05
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Zitat:
Zitat von King77 Beitrag anzeigen
……aber da wurde er um seine persönlichen politischen Ansichten gefragt u. dazu nahm Elvis grundsätzlich nie Stellung u. meiner Meinung nach hatte er damit auch absolut Recht .
Ja, da stimme ich dir zu. Sehr interessant, dass dieses Thema hier gerade aufkommt:

Seit drei Wochen chatte ich jeden Abend mit meiner 21jährigen Nichte, mit der ich ansonsten gar nicht allzuviel zu tun habe, weil wir sehr weit auseinander wohnen.

Aus heiterem Himmel interessiert sie sich für Elvis. Aber nicht nur ein bisschen, sondern so ganz. In Abschnitten erzähle ich ihr seine Bio und wir reden über seine Musik, die damalige Szene und Gesellschaft. Sie ist hin und weg von seinen Interpretationen und seiner Stimme, aber hauptsächlich von seinem Effekt, den er hatte. Sie will alles wissen.

Vor drei Tagen war sie ganz traurig weil sie sich kaum mit den Texten identifizieren kann. Nun ja!
Fast immer geht es um Liebe und allem was dazu gehört. Das ist ihr nicht tiefgründig genug. Zu unpolitisch, zu wenig rebellisch, zu angepasst.

Wir haben lange darüber gesprochen, aber ich konnte sie nicht zufrieden stellen. Erst folgendes Argument ganz zum Schluss hat sie versöhnt:

Elvis hat seine Songs nicht selbst geschrieben. Wie hätten sie seine Einstellung ausdrücken können, selbst wenn sie politisch ambitioniert gewesen wären? Sie stammten aus der Feder anderer. Wie glaubwürdig ist ein Sänger, der sich der gesellschaftlichen und politischen Probleme annimmt und dabei Texte singt, die jemand anderes geschrieben hat? Selbst wenn er sich mit seinen Songwritern zusammen gesetzt hätte… es ist nicht dasselbe als wenn ein Singer-Songwriter abends im stillen Kämmerlein aus aktuellen Emotionen heraus einen Text hinkritzelt und die Gunst der Stunde nutzen muss, weil er es vielleicht am nächsten Tag nicht mehr so treffend hinkriegt.

Einzige Ausnahme: In The Ghetto. Ein Song, der den Finger in eine ganz konkrete Wunde legt. Während If I Can Dream schon wieder zu vielsagend, zu verallgemeinernd, zu universell einsetzbar ist.

Jemand, der fast nur das Thema Liebe bedient, braucht sich auf keine politische Seite zu stellen. Unnötig. Im besten Fall verliert man Fans. Muss nicht sein.

Aber jemand, der seine Wut, seine Rebellion, seine Unzufriedenheit in seine Texte legt, wird nicht umhin kommen, sich dazu in Interviews zu äußern. Und das wird er dann auch gerne tun, weil es halt seine Message ist.
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